Arbeitstechnik: Wie
deutet man Metaphern? |
Was sagen, was
sagen, denkt Vera, das dem Ganzen ein Ende macht, und ich mich anziehen kann
und gehen, ohne daß etwas kaputt geht dadurch. Und wie Vera an weggehen
denkt, macht es Stiche, und sie merkt, daß sie nicht weggehen will. Aber so
liegenbleiben ist auch keine Antwort. Und Pit denkt, hoffentlich geht sie
nicht, und er denkt, daß sie gehen könnte, und es tut weh. Und dann denken
beide, ob sie vielleicht verliebt sind. Weil sie das aber schon so lange
nicht mehr waren, ist da eine angebrachte Unsicherheit. Und dann ist es
irgendwie über dem Punkt, und Vera ist mutig.
Nimmt das Gefühl, das noch ganz
dünn ist, aus dem Bauch heraus, wickelt Worte darum, um es anzufassen, hebt
es mit den Worten aus dem Bauch raus. Ans Licht. Aber eben, das Gefühl ist
noch so dünn und hat Angst vor dem Tag, und die Worte bilden Lücken. Durch
die rutscht das Gefühl, fällt auf den Boden. Und nur die Worte sind übrig,
leer und stehen im Raum. Sagen nichts. Machen nur unangenehm, weil sie so
leer sind. Nicht genügen. Können.
Pit hört nur
die Worte, sieht das Gefühl nicht, denn als er die Augen wieder aufmacht,
ist das im Zimmer gestorben, wegen des Drecks vielleicht, der auf dem
Fußboden liegt, erstickt. Hört nur die leeren Worte und denkt: Wie leer, wie
hohl. (Sibylle Berg: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen
sich tot. Leipzig: Reclam 1997, S. 78f.) |
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Interpretation der
Metaphorik: (Mit freundlicher Genehmigung von Caro Hennig, Schülerin der
Klasse 10 E) In dem
Ausschnitt aus dem Roman "Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich
tot" von Sibylle Berg beschreibt die Autorin den Versuch Veras, ein Gefühl
mit Worten zu kommunizieren. Dabei wählt die Autorin eine metaphorische
Sprache, die ich in der Folge interpretieren werde.
Das Bild, das Gefühl "aus dem Bauch heraus" zu nehmen, zeigt, dass dieses
Gefühl aus Veras tiefsten Innerem kommt und sehr mit ihr verbunden ist, das
es praktisch aus der Mitte ihres Körpers stammt. Dass Vera "Worte darum"
wickelt, "um es anzufassen" macht deutlich, dass das Gefühl an sich nicht
fassbar, nicht einfach kommunizierbar ist und es erst einer Hülle, einer
Verpackung bedarf, um aus Vera heraus zum Gesprächspartner zu gelangen. Ich
begründe meine Deutung damit, dass es sich mit dem Gefühl ähnlich verhält
wie zum Beispiel mit Wasser. Um Wasser transportieren zu können, benötigt
man ein Gefäß.
Die Metapher des Gefühls, welches "dünn ist und Angst vor dem Tag hat" deute
ich als eine Unsicherheit Veras. Sie ist sich ihrer Gefühle selbst nicht
ganz sicher, denn wenn etwas dünn ist, kann es leicht zerbrechen oder
zerstört werden. Dass dieses Gefühl "Angst vor dem Tag hat", zeigt, dass
Vera es nicht präsentieren möchte, um nicht bloßgestellt zu werden. Denn der
Tag und sein Licht durchleuchten alles und stellen das Gefühl schonungslos
zur Schau.
Das Bild der "Worte, die Lücken bilden" veranschaulicht, dass es Vera nicht
gelingt, auszudrücken und in Worte zu fassen, wie sie sich fühlt. Denn dort,
wo sich Lücken bilden, fehlt etwas, genauso wie Vera die Worte fehlen, um
ihre Gefühle vollständig auszudrücken.
Dass das Gefühl "durch die Lücken rutscht und auf den Boden fällt" macht
deutlich, dass das Gefühl durch Worte zum Gesprächspartner gelangen soll,
dieser Versuch der Kommunikation aber scheitert. Denn wenn - wie in diesem
Fall - die Worte "lückenhaft" sind, kann das Gefühl nicht kommuniziert
werden und bleibt beim "Sender", anstatt zum "Empfänger" zu gelangen. Dies
wird in der Folge deutlich, wenn Sibylle Berg beschreibt, wie Pit auf Veras
Äußerung reagiert ("Pit hört nur die Worte, sieht das Gefühl nicht"). |
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Interpretation der
Metaphorik II (Mit freundlicher Genehmigung von Magdalena Schumacher,
Schülerin der Klasse 10 E)
Das, was Vera in den Zeilen 30-34 versucht zu sagen, wird metaphorisch
dargestellt. Ich deute diesen Teil des Textes als den Versuch Veras, Pit
ihre Gefühle deutlich zu machen, welcher allerdings misslingt.
Dies lässt sich aus einer Deutung der Metaphorik erschließen. Dass Vera
"Worte um das Gefühl wickelt" soll bedeuten, dass sie versucht, ihr Gefühl
in Worte zu fassen. Dass "das Gefühl noch zu dünn" ist, schließlich auf den
Boden fällt und nur noch die Worte übrig sind, heißt, dass sie das Gefühl
mit Worten nicht angemessen ausdrücken kann und bei Pit gar nicht das
ankommt, was Vera ausdrücken wollte. Ihr Versuch, Pit ihre Gefühle mithilfe
von Worten deutlich zu machen, schlägt also fehl, da ihre Gefühle gar nicht
mithilfe der von Vera gewählten Worte zu Pit durchdringt. |
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